* 1901; † 1983
Simon Laks war ein polnischer, später in Frankreich lebender Komponist jüdischer Abstammung. Er wurde als russischer Bürger in Warschau geboren. Nachdem er dort am Konservatorium studiert hatte wird 1924 erstmalig ein Werk von ihm, ein symphonisches Poem, in der Warschauer Philharmonie aufgeführt. In Paris begann dann seine musikalische Karriere als Komponist. 1941 wurde er von den Nazis verhaftet und ein Jahr später nach Ausschwitz gebracht. Er überlebte Auschwitz zunächst als Mitglied, dann als Leiter des Männerorchesters in Birkenau. Nachdem das KZ von der amerikanischen Armee am 29. April 1945 befreit wurde ging er nach Paris und wurde ein französischer Bürger. Seine ergreifenden Erinnerungen erschienen erstmals 1948, dann 1979 in überarbeiteter Fassung.
Laks’ Buch, das nüchternen Tatsachenbericht mit philosophischer Reflektion vereint, gehört nicht nur zu den wichtigsten Werken über die Rolle der Musik in der Vernichtungsmaschinerie der musikliebenden Nationalsozialisten; als bewegende Studie über das Verhalten von Menschen in Extremsituationen findet es seine Leserschaft weit über die Grenzen des Fachpublikums hinaus. Die seit längerem vergriffene deutsche Übersetzung von 1998 wird mit dieser durchgesehenen und erweiterten Neuausgabe wieder zugänglich gemacht. Der Autor vermeidet soweit möglich die Schilderung grausamer Details des Lagerlebens, überwölbt seine Erzählung vielmehr mit einer ironischen Distanz, die ihm wohl das Schreiben, und dem Leser die Lektüre erst möglich und erträglich machen. Auch in dieser Form verliert das, was Laks zu sagen hat, keineswegs an Schrecken. Was ihm gelingt, ist eine plausible Erklärung für die Existenz der Musikkapellen in den Lagern. Sie waren natürlich keineswegs zur Erbauung der Häftlinge gedacht, vielmehr dienten sie der Motivation des Personals, bis hinauf zu den höheren Chargen der SS. Der Segen für die Musizierenden bestand in dem zumindest temporären Schutz vor Schwerstarbeit oder dem Weg ins Gas. Sie waren nicht so leicht zu ersetzen, und ihre Hände mussten für das Spiel geschont werden. Der Autor gehört zu den wenigen Glücklichen, denen durch die Musik in Auschwitz das Überleben gelang. Die Nachworte seines Sohnes, des Philosophen André Laks, und des Musikwissenschaftlers Frank Harders-Wuthenow würdigen Laks nicht nur als einen bedeutenden Zeitzeugen, sondern auch als einen wunderbaren Musiker, dessen Oeuvre zunehmend Beachtung im internationalen Musikleben findet. Eine Begleit-CD mit Neuaufnahmen aus den letzten Jahren und Produktionen aus dem Archiv des Polnischen Rundfunks geben Einblick in das Schaffen eines brillanten, der École de Paris nahestehenden Komponisten, in dessen Werk französischer Esprit mit slawischer Innerlichkeit zu einem originellen und universellen Personalstil verschmelzen – und dem mit seiner einzigen Oper L’Hirondelle inattendue („Die unerwartete Schwalbe“) das Unmögliche gelang, nach Auschwitz eine heitere Oper zu komponieren, ein Hymnus auf die Unsterblichkeit der Musik.
Simon Laks: Musik in Auschwitz – Die Geige, die ich halte, ist mein Schutzschild geworden. Ausgabe mit CD. (2014)