Unendlich
(Text: Rose Ausländer, Musik: Dieter Halbach)
Vergiss
deine Grenzen
Wandre aus
Das Niemandsland – Unendlich –
nimmt dich auf
Wenn ich vergehe
Wenn ich vergehe
Wird die Sonne weiter brennen
Die Weltkörper werden sich
bewegen nach ihren Gesetzen
um einen Mittelpunkt
den keiner kennt
Süß duften wird immer
der Flieder
weiße Blitze ausstrahlen der Schnee
Wenn ich fortgehe
von unserer vergesslichen Erde
wirst du mein Wort
ein Weilchen
– wirst du mein Wort
ein Weilchen –
für mich sprechen?
Rose Ausländer wurde in Czernowitz in der Bukowina geboren. Sie überlebte den Faschismus im Ghetto und später in Kellerverstecken, wo sie den Dichter Paul Celan (die „Todesfuge“) traf, der ihr Werk wesentlich beeinflussen sollte. Sie emigrierte 1946 nach der Übernahme durch Russland nach New York. Ihr Schreiben war ein Suchen nach Heimat, sie nennt es das „Mutterland Wort“. Dichten heißt für sie: „Sieben Höllen durchwandern / Der Himmel sieht es gern / geh sagt er / du hast nichts zu verlieren.“ 1964 kehrte sie nach Europa zurück. Wohnen blieb aber für sie ein Fremdwort. „Fliegend auf einer Luftschaukel, Europa Amerika Europa. Ich wohne nicht, ich lebe.“ In ihrem Gedicht „Unendlich“ wird der Grenzort des Exils zum Ausgangspunkt der Erfahrung eines tröstenden Tod. „Vergiss deine Grenzen, wandere aus. Das Niemandsland Unendlich nimmt dich auf.“ Sie starb, bis zu ihrem Tod dichtend und schreibend, am 3. Januar 1988 im jüdischen Altersheim in Düsseldorf.